Kürbiskernöl steht unter Schutz

NEW BUSINESS Export - NB EXPORT 2/2019
„Steirisches Kürbiskernöl“ gehört zu den künftig in China zu schützenden geografischen Angaben. © Graz-Tourismus/Werner Krug

100 für 100 – durch ein Abkommen der EU mit China werden künftig hundert europäische geografische Angaben in China geschützt und ­umgekehrt.

Anfang November haben die EU und China die Verhandlungen über ein bilaterales Abkommen zum Schutz von 100 europäischen geografischen Angaben in China und 100 chinesischen geografischen Angaben in der EU vor Nachahmungen und widerrechtlicher Aneignung abgeschlossen. „Durch dieses wegweisende Abkommen dürften Vorteile für den beiderseitigen Handel entstehen und die Nachfrage nach hochwertigen Erzeugnissen auf beiden Seiten gestärkt werden“, schrieb die Europäische Kommission in einer Mitteilung.
Der für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung zuständige EU-Kommissar Phil Hogan erklärte: „Europäische Erzeugnisse mit geografischen Angaben sind für ihre Qualität weltweit bekannt. Die Verbraucher sind bereit, einen höheren Preis zu zahlen, weil sie auf den Ursprung und die Authentizität dieser Erzeugnisse vertrauen, was auch den Landwirten zugutekommt. Dieses Abkommen zeigt unser Engagement für eine enge Zusammenarbeit mit unseren globalen Handelspartnern wie beispielsweise China. Es ist ein Gewinn für beide Parteien und stärkt unsere Handelsbeziehungen, wovon sowohl unsere Agrar- und Lebensmittelsektoren als auch die Verbraucher auf beiden Seiten profitieren.“

Wichtiger Markt mit Potenzial
China ist mit Ausfuhren im Wert von 12,8 Milliarden Euro (zwischen September 2018 und August 2019) der zweitwichtigste Absatzmarkt für die Agrar- und Lebensmittelausfuhren der EU. Es ist ferner der zweitwichtigste ­Absatzmarkt für EU-Ausfuhren von Erzeugnissen mit geschützter geografischer Angabe (neun Prozent des Ausfuhrwerts), einschließlich Wein, Agrar- und Lebensmittelerzeugnissen sowie Spirituosen.
Die genannten Zahlen sind schon gut, könnten aber noch viel besser werden. Denn der chinesische Markt hat großes Wachstumspotenzial für europäische Lebensmittel und Getränke, da eine wachsende Mittelklasse zunehmend Geschmack an typischen, hochwertigen und echten europäischen Erzeugnissen findet. Die EU-Liste der ­künftig in China zu schützenden geografischen Angaben umfasst Erzeugnisse wie Cava, Champagner, Feta, Irish Whiskey, Münchener Bier, Ouzo, Polska Wódka, Porto, Prosciutto di Parma, Queso Manchego – und nunmehr auch „Steirisches Kürbiskernöl“.
Die ÖVP-Europaabgeordnete Simone Schmiedtbauer kom­mentierte das folgendermaßen: „Das steirischen Kürbiskernöl ist ein Lebensmittel, das wie kein anderes untrennbar mit meiner Heimat verbunden ist. Unsere heimischen Erzeugnisse mit geschützten geografischen Angaben sind weltweit für ihre hohe Qualität bekannt. Der Konsument vertraut dem Ursprung dieser Erzeugnisse und ist auch bereit, einen entsprechenden Preis zu bezahlen. Unsere typischen regionalen Spezialitäten sind einzigartig. Ich freue mich sehr, dass das steirische Kürbiskernöl jetzt am chinesischen Markt geschützt ist.“ Auch ihre Kollegin sowie Handelssprecherin der Volkspartei im Europaparlament, Angelika Winzig, zeigte sich erfreut: „Abkommen wie dieses sind ein Gewinn für beide Seiten. Durch den Schutz geografischer Angaben kann vor allem unsere Landwirtschaft im internationalen Handel profitieren.“
Der SPÖ-Europaabgeordnete Günther Sidl freute sich in seiner Stellungnahme bereits auf weitere, möglicherweise in einigen Jahren geschützte rot-weiß-rote Bezeichnungen: „Geschützte Ursprungsbezeichnungen sind ein ­Garant für die Herkunft und Qualität von Produkten. Wer etwa Wachauer Marillen, Mostviertler Birnmost, March­felder Spargel oder Waldviertler Graumohn kauft, muss sich darauf verlassen können, dass die Produkte wirklich aus der Region kommen. Es geht bei der Bezeichnung auch darum, dass hohe Produktionsstandards eingehalten werden. Davon profitieren Konsumenten und Produzenten gleichermaßen. Wenn nun durch das neue EU-Abkommen diese heimische Schmankerl besser geschützt ­werden, ist das ein überaus gutes Signal.“

Wachauer Marillen müssen noch warten
Ein wenig muss man sich jedoch noch gedulden, bevor dieser Deal von EU und China wirklich schlagend wird: Nach Abschluss der Verhandlungen wird das Abkommen nun erst einer rechtlichen Prüfung unterzogen. Auf EU-Seite werden dann das Europäische Parlament und der Rat um ihre Zustimmung ersucht. Das Abkommen wird demnach „voraussichtlich vor Ende 2020“, wie es aus Brüssel heißt, in Kraft treten. Dann sind auch beispielsweise die chinesischen Erzeugnisse Pixian Dou Ban (Pixian-Bohnenpaste), Anji Bai Cha (Anji Weißer Tee), Panjin Da Mi (Panjin-Reis) und Anqiu Da Jiang (Anqiu-Ingwer) geschützt.
Vier Jahre nach Inkrafttreten dieses Abkommens wird sein Geltungsbereich auf weitere 175 Namen von Erzeugnissen mit geografischen Angaben von beiden Seiten ausgeweitet. Diese Namen müssen allerdings dann dasselbe Registrierungsverfahren durchlaufen wie die 100 bereits vom Abkommen abgedeckten Namen (d. h. eine Bewertung und Veröffentlichung zur Stellungnahme). Vielleicht sind die Wachauer Marillen dann ja tatsächlich mit von der Partie. (RNF)

INFO-BOX

Verhandlungen seit 2006
Die EU-Vorschriften für Qualitätsregelungen haben zum Ziel, die Namen bestimmter Erzeugnisse zu schützen, um ihre mit ihrem geografischen Ursprung sowie traditionellem Know-how verbundenen einzigartigen Eigenschaften herauszustellen. Dies ist einer der großen Erfolge der europäischen Landwirtschaft mit mehr als 3.300 als geschützte geografische Angabe (g. g. A.) oder als geschützte ­Ursprungsbezeichnung (g. U.) registrierten Namen. Zudem sind in der EU rund 1.250 weitere Erzeugnisse aus Drittländern namentlich geschützt, meist durch bilaterale Abkommen wie jenem mit China.
Die Kooperation zwischen der EU und China im Bereich der geografischen Angaben begann 2006. Im Jahr 2012 wurden dann auf beiden Seiten zuerst zehn geografische Angaben registriert und geschützt – der Ausgangspunkt für die heutige Zusammenarbeit.