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NEW BUSINESS Bundeslandspecial - KÄRNTEN 2020
Projekt ATHENA gestartet: Die Universität Klagenfurt und Bitmovin arbeiten gemeinsam an innovativen Videoübertragungstechnologien. © Daniel Waschnig

Was haben die New York Times, Red Bull, BBC, Hulu Japan oder Pro7 gemeinsam? Sie alle setzen auf das Kärntner Know-how von Bitmovin, wenn es um das Abspielen ihrer Videos im Netz geht.

Früher hat man an der Fernsehantenne geruckelt und sich geärgert, wenn der Bildschirm unscharfe Bilder gezeigt hat oder gar ein paar Minuten schwarz geblieben ist. Heute, in Zeiten von Breitbandinternet und Hightech­geräten, erwartet man sich immer mehr: Top-Empfang, 3D-Bilder, Virtual Reality, perfektes „Buffering“ und High-Performance beim Abspielen von Videos im Internet.
Ein Kärntner Start-up hilft hier weltweit mit seinem Know-how weiter. Bitmovin heißt das Klagenfurter Unternehmen, das seit 2013 für ruckelfreie Videos in der ganzen Welt sorgt. „Bitmovin bietet die weltweit leistungsfähigs­ten Produkte für hocheffizientes Bereitstellen und Streaming von Multimediadaten über kosteneffiziente Internetinfrastruktur“, erklärt CTO Christopher Müller. In einfachen Worten: Startet man online auf seinem Rechner, Tablet oder Smartphone ein Video, erwartet man sich, dass es schnell geladen, ohne Pausen abgespielt wird und die Qualität gleichbleibend gut bleibt. „Dahinter steckt Bitmovin-Technologie.“ Zwar nicht in jedem Fall, aber Kunden hat das Kärntner IT-Unternehmen in über hundert Ländern. „Unsere Endkunden sitzen aber in der ganzen Welt“, betont Müller. Diese sehen die Klagenfurter Technologie zwar nicht, freuen sich aber sicherlich über ein reibungsloses Streamingerlebnis.

Universität als Inspiration
Gemeinsam mit seinem Stu­dien­freund Stefan Lederer hat der Informatiker bereits an der Universität bei der Entwicklung des aktuellen Videostandards mitgearbeitet, dem damals ersten Player für adaptives Streaming im Netz. „Wir haben über unsere Ergebnisse gebloggt und hatten viele Interessenten.“ Daraus entstand die Idee für Bitmovin und zahlreiche Patente im IT-Sektor. Gemeinsam mit ihrem Universitätsprofessor Christian Timmerer starteten sie das Projekt – mithilfe des build!-Gründerzentrums und vieler Start-up-Förderungen. „Da ist Kärnten top! So viel Unterstützung von Land und Bund gibt es in Amerika nicht.“ Der Einsatz von Risikokapital sei dahingegen in Kärnten weitaus geringer. Mit Investments kennen sich die jungen IT-Experten aus. Seit der Gründung konnte Bitmovin mehrere Millionen US-Dollar in mehreren Finanzierungsrunden erzielen. Auch im renommierten Inkubatorenprogramm „Y-Combinator“ in San Francisco, von dem schon Erfolgs-Start-ups wie Dropbox und Airbnb profitieren durften, ergatterten die Kärntner einen Platz. „Eine bestimmte Zeit wird man intensiv betreut, bekommt Tipps und Unterstützung. Die Kontakte und das Netzwerk nutzt man aber für immer.“ Der Erfahrungsschatz der Amerikaner sei dabei, so Müller, weitaus größer als jener in Österreich. „Oft wird der Begriff Start-up auch missverstanden. Es geht nicht immer nur um eine Idee und dann um einen schnellen und möglichst profitablen Verkauf“, betont er. „Wir wollen vielmehr noch weiter wachsen.“

Neue Gelder für F&E und Ausbau des Vertriebsnetzes
Diesem Ziel ist Bitmovin bereits ein gewaltiges Stück näher gekommen, denn Ende 2019 wurde dem Unternehmen eine Finanzierung der Europäischen Investitionsbank (EIB) im Rahmen der Investitionsoffensive für Europa von bis zu 20 Millionen Euro bereitgestellt. „Bitmovin ermöglicht mit seinem intelligenten Ansatz ein optimiertes Videoerlebnis und beseitigt Bandbreitenprobleme“, ist EIB-Vizepräsident Andrew McDowell überzeugt. „Dafür setzt das Unternehmen auf softwaregestützte, von der Hardware unabhängige Lösungen. Junge, innovative Unternehmen sind eine wichtige Voraussetzung für nachhaltiges Wachstum und hochwertige Arbeitsplätze. Sie tragen maßgeblich dazu bei, die Wettbewerbsfähigkeit langfristig zu sichern. Für die EIB als Bank der EU hat dies hohe Priorität. Wir fördern Investitionen, die zu mehr Innovation, Kompetenzen und Wettbewerbsfähigkeit führen – für nachhaltiges Wachstum und Beschäftigung in Europa. Deswegen begrüße ich unsere neue Zusammenarbeit mit Bitmovin sehr.“
Und auch Bitmovin-CEO Stefan Lederer blickt dank der neuen Finanzspritze noch positiver in die Zukunft: „Wir freuen uns sehr über die Finanzierung der EIB. Schon bei der Gründung von Bitmovin war es unser Ziel, aktiv die Zukunft des Videostreamings zu gestalten, um Zuschauerinnen und Zuschauern das bestmögliche Streamingerlebnis zu bieten. Unser Gründungsteam konzentrierte seine Forschung und Entwicklung von Anfang an auf moderne Videostandards. Mit dem Darlehen der EIB können wir dieses Projekt beschleunigen.“

Gemeinschaftsprojekt ATHENA ­gestartet
Auch die österreichische Regierung scheut keine Kosten, in die Zukunft der Onlinevideotechnologie zu investieren. Gemeinsam mit der Universität Klagenfurt und gefördert vom Bundesministerium für Digitalisierung & Wirtschaftsstandort (BMDW) wird man nun an neuen Technologien arbeiten, die das Videostreaming-Erlebnis in Zukunft noch verbessern. Das Projekt mit dem Titel ATHENA (Adaptive Streaming over HTTP and Emerging Networked Multimedia Services) ist mit mehreren Millionen Euro dotiert.
Ein eigens dafür zusammengestelltes Forschungsteam wird mögliche neue Tools und Methoden für die Codierung, den Transport und die Wiedergabe von Live- und On-Demand-Videos mithilfe des HTTP-Adaptive-Streaming-Verfahrens untersuchen. Dieses Verfahren wird häufig von Onlinevideo- und TV-Anbietern genutzt. Die daraus resultierenden Erkenntnisse werden dazu beitragen, die Entwicklung von Lösungen der nächsten Generation für qualitativ hochwertigere Videoerlebnisse bei geringerer Latenz zu unterstützen und gleichzeitig die Speicher- und Vertriebskosten zu senken. Margarete Schramböck, Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort, sieht in der Entwicklung solcher Technologien großes Zukunftspotenzial: „60 Prozent des Internetdatenvolumens sind Videos, entsprechend groß ist das Potenzial für Optimierung und Ressourcenschonung. Gleichzeitig trägt das Christian Doppler Labor zum Aufbau von Hightech in Kärnten bei, sichert Arbeitsplätze und bringt qualifiziertes Personal in die Region. Eine Win-win-Situation für Unternehmen, Wissenschaft und Gesellschaft.“

Starker Wettbewerb erhöht ­Innovationsbedarf
„Durch die Partnerschaft mit der Universität Klagenfurt können wir die grundlegenden Bausteine der Videobereitstellung genauer untersuchen. Das hilft uns dabei, auch in den kommenden Jahren an der Spitze zu bleiben“, so CTO Christopher Müller. Christian Timmerer, assoziierter Professor am Institut für Informationstechnologie der Universität Klagenfurt und Laborleiter, führt weiter aus: „Der zunehmende Wettbewerb zwischen Onlinevideoanbietern wird den Innovationsbedarf beschleunigen. Wir loten stets das Optimum zwischen Kosten, Qualität des Nutzererlebnisses und zunehmender Komplexität der Inhalte aus.“

Wirtschaftsministerium fördert über die Christian Doppler Forschungs­gesellschaft
Das Christian Doppler Labor ATHENA wird gemeinsam von Bitmovin und der Christian Doppler Forschungsgesellschaft, deren wichtigster öffentlicher Fördergeber das Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort ist, finanziert. Das Budget für sieben Forschungsjahre liegt bei rund 4,5 Mio. Euro, rund 2,7 Mio. davon kommen von der öffentlichen Hand. Der Präsident der Christian Doppler Gesellschaft, Martin Gerzabek, sieht großes Potenzial für die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Unternehmen, wie dies bei ATHENA der Fall ist: „ATHENA ist unser erstes CD-Labor an der Universität Klagenfurt. Wir freuen uns sehr über die weitere Verbreitung unseres Fördermodells, der Kooperation hervorragender Wissenschaft mit innovativen Unternehmen auf Augenhöhe. Wir gratulieren der Universität Klagenfurt zu diesem großen Erfolg und hoffen zuversichtlich auf weitere CD-Labors und JR-Zentren in der Region.“
„ATHENA ist eine fantastische Chance für weitere führende Entwicklungen im Bereich globaler Spitzentechnologien. Videostreaming hat unseren Alltag durchdrungen; die meisten von uns nutzen es heute Tag für Tag. Dieses Zukunftslabor ist eine ideale Koppelung von Forschung und Innovation“, so Oliver Vitouch, Rektor der Universität Klagenfurt. (BO)