Die Juristin Hlawati wurde bereits zuvor als Favoritin gehandelt © APA - Austria Presse Agentur
Die Wirtschaftsanwältin Edith Hlawati wird per 1.2.2022 Alleinvorständin bei der Staatsholding ÖBAG. Der Aufsichtsrat hat sie auf Vorschlag des Nominierungskomitees am Freitag einstimmig gewählt, sagte Aufsichtsratschef Helmut Kern. Verdienen wird Hlawati zumindest 585.000 und höchstens 750.000 Euro per anno. Ihr Vertrag läuft drei plus zwei Jahre. Ein neue ÖBAG-Spitze musste gesucht werden, weil Thomas Schmid wegen kompromittierender Chats vorzeitig abtrat.
Derzeit führt noch Christine Catasta die Geschäfte der ÖBAG interimistisch. Die Staatsholding verwaltet die Staatsanteile an heimischen Börsenschwergewichten wie der OMV, Post und Telekom Austria. Bei Post und Telekom ist die 64 Jahre alte Hlawati bereits Aufsichtsratschefin. Sie beriet die Staatsholding über Jahrzehnte. Ein Rahmenvertrag ihrer Kanzlei mit der ÖBAG wird beendet.
Hlawati, die in Medien bereits als Favoritin kolportiert wurde, hat sich damit gegen die vier anderen Kandidaten auf der Short List durchgesetzt. Insgesamt haben sich 123 Personen für die Position des ÖBAG-Vorstandes beworben. Davon waren nur elf Frauen. Der Auswahlprozess fand gemeinsam mit dem Personalberater Egon Zehnder statt. Sowohl die drei Mitglieder des Nominierungskomitees als auch Zehnder haben Hlawati mit Abstand erst-gereiht, sagte Kern. Andere Kandidaten wurden dem Aufsichtsrat am Freitag anonymisiert präsentiert, Hlawati hat ihr Konzept als einzige persönlich vorgestellt.
"Ich freue mich, auf bewährten Strukturen aufzubauen und Kontinuität gewährleisten zu können. Ich bin der ÖBAG seit vielen Jahren beruflich sehr verbunden und kann meine Expertise rund um die Staatsholding nun auch operativ als unabhängiger Vorstand einbringen", sagte die designierte Chefin in einer Aussendung der ÖBAG. Öffentlich aufgetreten ist sie am Freitag noch nicht, das komme beizeiten, sagte Kern. Die Geschäftsleitung der ÖBAG könnte durch Hlawati um zwei ÖBAG-Direktoren erweitert werden, um ein Sechsaugenprinzip herzustellen. Für neue Minderheitsbeteiligungen hat sie auch ein Konzept, die Governance soll ausgebaut werden. Das sei auch im Interesse des heimischen Kapitalmarktes, so die als ÖVP-nahe geltende Hlawati.
Neben Hlawati war auch der Siemens-Österreich-CEO Wolfgang Hesoun (61) in der engeren Auswahl, er wurde in Medien ebenfalls als heißer Kandidat für den Chefposten gehandelt. Am Freitag meldete sich der Siemens-Österreich-Chef selbst zu Wort. Die Position des ÖBAG-Chefs sei für ihn nicht weiter von Interesse. "Nach dem Abgang von Thomas Schmid bei der ÖBAG gab es Stimmen, die für die Neubesetzung der Funktion einen erfahrenen Industriemanager forcierten", so Hesoun in einer Aussendung. Dieser Weg sei ihm damals "der einzig richtige Ansatz" erschienen. Nun habe sich das Anforderungsprofil aber offenbar geändert und stehe "nicht mehr mit Industrie- und Managementerfahrung im Zusammenhang", so Hesoun.
Von den Oppositionsparteien SPÖ, FPÖ und NEOS kam heute breite Kritik an der mangelnden Transparenz im Auswahlverfahren. Sie orten Postenschacher in der ÖBAG durch die ÖVP. Gefordert wurde etwa ein Zweiervorstand für die Staatsholding.
Zur ÖVP-Nähe, die Hlawati attestiert wird, sagte Aufsichtsratschef Kern am Freitag vor Journalisten in Wien: "Ja, jeder kriegt eine Punzierung. Aber man braucht nur ihren Lebenslauf anschauen. Etwa berät sie die Staatsholding seit rund 30 Jahren unter verschiedenen Bundeskanzlern." Freilich waren die Finanzminister alle schwarz oder türkis in dieser Zeit.