Zölle belasten - auch die Austro-Wirtschaft zusätzlich © APA - Austria Presse Agentur
Die Lage in der Industrie ist weiter angespannt, die dortige Rezession kostet seit Beginn und bis zum erhofften baldigen Ende rund 15.000 Jobs. Ob das "Tal der Tränen" verlassen wird, hängt laut Industriellenvereinigung (IV) von der heimischen Politik im zweiten Halbjahr ab, auch wenn es ebenso internationale negative Einflüsse gibt. Derzeit beruhe viel zu viel auf dem "Prinzip Hoffnung", kritisiert IV-Generalsekretär Christoph Neumayer, auch beim Zollstreit mit den USA.
Man hoffe auf einen Aufschwung durch ein deutsches Investitionspaket, man hoffe auf eine gute Einigung im Zollstreit mit den USA. Das reiche aber nicht. Österreich müsse seine Hausaufgaben auch selber erledigen. Dabei gehe es um viel zu hohe Standortkosten, Bürokratie und die Wettbewerbsfähigkeit insgesamt, betonte am Dienstag vor Journalistinnen und Journalisten in Wien auch IV-Chefökonom Christian Helmenstein.
"Hochkostenstandort" Österreich
Auf den internationalen sowie nationalen Druck, unter dem man stehe, brauche es rasche Antworten. Kürzliche vermeintliche Lichtblicke in der Industriekonjunktur seien nur Geplänkel knapp unterhalb und oberhalb der Nulllinie. Die Produktivität müsse steigen. Das will die IV bekanntlich über weniger Teilzeit und ein höheres Pensionsalter erreichen. Doch kommt auch dazu, dass Österreich ein "Hochkostenstandort" geworden sei und sich aus dem Markt herausgepreist habe. Die Lohnabschlüsse waren bei der europaweit vergleichsweise hohen Inflation hierzulande auch immer besonders hoch im internationalen Vergleich.
Blick auf Herbstlohnrunde
So koste eine Mitarbeiterstunde bei einem heimischen Mittelständler inzwischen 95 Euro nach 75 Euro im Vorjahr. In Deutschland seien es heuer 76 Euro, in Slowenien 35, in Bulgarien 20 Euro. Auf die APA-Frage, was das für die Abschlüsse in der Herbstlohnrunde aus Sicht der IV bedeutet, verwies Neumayer auf die Entwicklung der vergangenen drei Jahre, "die alle sehen müssen". Das täten auch "beide Seiten" - also natürlich die Arbeitgeberseite der Sozialpartner, aber auch die Arbeitnehmervertreter von der Gewerkschaft. "Dass Lohnzurückhaltung ein Gebot der Stunde ist, steht außer Streit." Es brauche "kluge und faire Abschlüsse", was Sache der Verhandlungspartner sei. "Aber allen sollte klar sein, in welcher Situation wir sind."
Jobabbau geht weiter
Beim Jobabbau, den das neueste, am Dienstag vorgestellte IV-Jobbarometer weiter anziehen sieht, zeigt sich, dass ein Drittel der Firmen in den kommenden Monaten Arbeitsplätze abbauen wollen. "Wir müssen bei den Lohnnebenkostensenkungen Fortschritte machen", so Helmenstein. Einige Firmen würden zwar Mitarbeiter einstellen, aber viel mehr Unternehmen würden Stellen abbauen. Die Rezession koste seit Beginn und bis zum erwarteten Ende 15.000 Stellen in der Industrie. "Die meisten sind schon weg und etwa 3.500 dürften noch folgen." Es geht laut dem Ökonomen um Jobs, die auch bei einem Aufschwung nicht wiederkehren werden.
Bangen im Zollstreit mit Trump - Traum von Handelsabkommen
Wie sich die Industrie - dort hängt jeder zweite Job an Exporten - weiter entwickelt, hängt freilich auch von einer (Nicht-)Einigung im Handelsstreit der EU mit den USA ab, den US-Präsident Trump losgetreten hat. Kommt es zu den angedrohten Zöllen in Höhe von 30 Prozent, gibt es einen zusätzlichen Kostendruck, so Neumayer. "Wir müssen alle Chancen auf europäischer Ebene nutzen, hier praktikable Lösungen zu finden. Zölle sind immer falsch. Wir brauchen ein Handelsabkommen mit den USA. Dafür braucht es politisches Geschick der Kommission und der nationalen Politik."
Neumayer warnt vor einem Einheben von Gegenzöllen seitens der EU, die dann auf die Mitglieder verteilt werden könnten, um die Standorte zu stärken. "Das ist nicht die präferierte Variante." Präferiert wird von der IV eine Lösung auf Augenhöhe, die beiden Seiten Profit bringt - "am besten über ein Handelsabkommen, das auch schon einmal verhandelt wurde", spielte Neumayer auf das seinerzeit vielkritisierte und gescheiterte TTIP-Abkommen an, ohne es namentlich zu erwähnen. Jedenfalls seien die beiden Wirtschaftsräume bisher die vernetztesten weltweit.
Ein kleiner Lichtblick, der auch wieder verglühen könnte
Das Barometer zeigte auch einen Lichtblick unter vielen einzelnen weniger positiven Detailnachrichten. Der Auftragsbestand für die kommenden sechs Monate ist etwas ins positive Territorium gerückt. Es gibt also "endlich keine Verkürzung mehr bei den Aufträgen", so Helmenstein. "Das ist für die Bestandssicherung inländischer Betriebsstätten ein nicht zu unterschätzender Punkt." Trotzdem dürfte das Ergebnis "etwas überzeichnet" sein und die aus europäischer Exportsicht schlechte Aufwertung des Euro gegenüber dem Dollar noch nicht berücksichtigt sein.
Die Freiheitlichen nützten ihre Reaktion auf die IV-Pressekonferenz für einen Rundumschlag gegen die Dreierkoalition aus ÖVP, SPÖ und NEOS. Diese trage die Verantwortung für die Tristesse in der heimischen Wirtschaft, ignoriere Warnsignale aus der Industrie. Für die Erarbeitung einer angekündigten Industriestrategie brauche es viel zu lange. "Echtes Wachstum kommt nur mit angebotsorientierter Wirtschaftspolitik und einer tiefgreifenden Gesamtreform", so FPÖ-Wirtschaftssprecherin Barbara Kolm via Aussendung.