Der Einzelhandel sieht sich nicht als Preistreiber © APA - Austria Presse Agentur

Der österreichische Handel sieht sich als Jobmotor, von einem Preistreiber könne keine Rede sein. 2024 seien die Umsätze des heimischen Handels nominell um 0,8 Prozent und real, also bereinigt um die allgemeine Teuerung, um 1,6 Prozent zurückgegangen. Damit würden die Erlöse inflationsbereinigt um fast 4 Prozent unter dem Niveau von 2019 liegen, rechnete der Handelsverband am Dienstag vor. Pro Werktag gebe es vier Pleiten, die Teilzeit boome.

"Wer angesichts dieser Zahlen behauptet, der Handel hätte sich in der Inflationskrise ein Körberlgeld verdient, kommuniziert faktenbefreit", betonte Rainer Will, Chef des Handelsverbandes, bei der Präsentation des "Jahrbuch Handel. Will sieht aber die Politik auf seiner Seite. Hier habe sich "der Wind gedreht". "Der neue Stil der Bundesregierung beinhaltet auch mehr Rücksichtnahme auf den Handel und einen stärkeren Einbezug von freien Verbänden wie dem Handelsverband", so Will in einer Aussendung.

Handelsverband: Politik ist rücksichtsvoller

Viele arbeitsmarktrelevante Themen wurden heuer bei einer Chef-Runde im Rahmen des Handelskolloquiums mit Arbeitsministerin Korinna Schumann (SPÖ) und Vertretern aus dem Einzel- und Großhandel erörtert, heißt es in der Aussendung des Handelsverbandes.

In dem von der KMU Forschung Austria verfassten "Jahrbuch Handel" wird trotzdem von der wirtschaftlichen Lage ein düsteres Bild gezeichnet: Demnach wurden im Vorjahr im Schnitt vier Insolvenzen pro Werktag verzeichnet. Die Schließungsquote sei mit 6,5 Prozent höher als die Neugründungsquote von 6 Prozent. Die Umsatzrentabilität habe sich auf 5,2 Prozent reduziert.

Dabei sei der Handel der zweitwichtigste Arbeitgeber in Österreich. Zu Jahresbeginn 2024 seien mehr als 92.000 Unternehmen mit 615.000 unselbstständig Beschäftigten im Einzelhandel und Großhandel sowie im Kfz-Handel tätig gewesen. Sie erwirtschafteten im Vorjahr 303 Mrd. Euro an Umsätzen sowie eine Bruttowertschöpfung von knapp 49 Mrd. Euro, so der Handelsverband. Der Einzelhandel seien 52.500 Unternehmen mit 345.000 Beschäftigten und einem Nettoumsatz von 93,3 Mrd. Euro aktiv.

Jeder dritte Beschäftigte hat Migrationshintergrund

Der Frauenanteil liegt im Handel bei 54 Prozent, im Einzelhandel gar bei 71 Prozent. Und die Teilzeit boomt, die Teilzeitquote liegt bei 36 Prozent, im Einzelhandel sind es 48 Prozent. 13.800 Lehrlinge werden ausgebildet, damit ist die Branche der drittgrößter Lehrlingsausbilder des Landes, so die private Interessenvereinigung Handelsverband. Der Handel sei auch ein wichtiger Arbeitgeber für Migrantinnen und Migranten. Fast ein Drittel der Mitarbeitenden habe Migrationshintergrund, so Studienautor Wolfgang Ziniel. Knapp jeder und jede dritte Beschäftigte sei länger als zehn Jahre im Handel tätig.

Bei der bevorstehenden Herbstlohnrunde ist heuer der Handel nicht dabei. Das liegt daran, dass im Vorjahr ein zweijähriger Abschluss erzielt wurde. 2025 gibt es 3,3 Prozent mehr Gehalt als im Jahr zuvor, 2026 sind es dann 0,5 Prozent über der Jahresinflation. Das Lehrlingsentgelt im 1. Lehrjahr stieg von 880 auf 1.000 Euro. Die 0,5 Prozent Gehaltssteigerung für 2026 gibt es aber nur bei einer rollierenden Inflation im Jahr 2025 von bis zu 2,3 Prozent. Bei einer Teuerung von 2,4 bis 2,5 Prozent liegt das Plus bei 0,4 Prozent. Bei einer Jahresinflation von 2,9 Prozent wird nur die Inflationsrate abgegolten. Sollte die rollierende Inflation 2025 bei drei Prozent oder darüber liegen, wird heuer wieder verhandelt. Für die bevorstehenden Kollektivvertrags-Runde mit der Metallern gilt eine Jahresinflation von 2,8 Prozent, bei den Pensionisten liegt die Verhandlungsbasis bei 2,7 Prozent.