Konzernchef Heimo Scheuch will unveränderte Dividende ausschütten © APA - Austria Presse Agentur

Der weltgrößte Ziegelhersteller Wienerberger hat 2020 vor allem hohe Abschreibungen in Nordamerika sowie die Coronakrise mit voller Wucht zu spüren bekommen. Unter dem Strich blieb ein Gewinn von 89 Mio. Euro - um fast zwei Drittel weniger als im Jahr davor (249,1 Mio. Euro), wie aus der aktuellen Bilanz hervorgeht. Der Umsatz verringerte sich um nur 3 Prozent auf 3,35 Mrd. Euro. Bei der Höhe der Dividende soll es keine Abstriche geben.

"Unabhängig von der Pandemie haben wir fast 100 Mio. Euro in Nordamerika und etwa 20 Mio. Euro in Russland abgeschrieben", erklärte Konzernchef Heimo Scheuch am Mittwoch in der Online-Bilanzpressekonferenz den eklatanten Rückgang des Nettogewinns. Das habe natürlich das Ergebnis beeinträchtigt, "hat aber mit der operativen Performance nichts zu tun". Konkret wurden in Amerika Firmenwertabschreibungen in Höhe von 90 Mio. Euro nötig, in Russland wurden Vermögensgegenstände im Volumen von 22 Mio. Euro abgeschrieben.

Aufgrund der Lockdowns sei es im abgelaufenen Geschäftsjahr in zahlreichen Schlüsselmärkten zu oft längeren Unterbrechungen der Geschäftstätigkeiten gekommen. Wienerberger setzte eigenen Angaben zufolge weiter "striktes Kostenmanagement und Effizienzsteigerungsmaßnahmen" um, setzt also den Sparstift an. Der weltweite Personalstand wurde gegenüber dem Jahr davor von im Schnitt 17.234 auf 16.619 Mitarbeiter gekappt (minus 4 Prozent).

Insgesamt sei der europäische Ziegelbereich "natürlich massiv geprägt von den Lockdowns" gewesen - vor allem im zweiten Quartal 2020. "Wir haben bereits in der Vergangenheit die notwendigen Voraussetzungen geschaffen, um rasch auf unvorhersehbare Ereignisse reagieren zu können", betonte Scheuch. "So konnten wir die Krise meistern, konsequent an der Fortsetzung unserer Wachstumsstrategie arbeiten und uns optimal für die Zukunft positionieren." Wienerberger hat sich den Unternehmensangaben zufolge auch im Geschäftsjahr 2020 auf die "Transformation des Produktportfolios" konzentriert - dieses sei weiter optimiert und durch "intelligente Systemlösungen" erweitert worden.

Die Akquisition des volumenmäßig größten US-Fassadenziegelherstellers Meridian Brick im vierten Quartal 2020 befindet sich noch im Genehmigungsprozess, schlägt sich also erst in der heurigen Bilanz nieder. Den Ankauf lässt sich der Konzern den damaligen Angaben zufolge 250 Mio. Dollar (rund 200 Mio. Euro) kosten. "Mit der geplanten Übernahme kommt es zu einer Verdoppelung des amerikanischen Geschäfts", erwartet der CEO. Derzeit werden dort etwa 330 Mio. Dollar Umsatz erzielt, bis 2023 sollen es 800 Mio. Dollar sein.

Im Rohrbereich in den Niederlanden stehen mit dem Ankauf von Inter Act die Zeichen ebenfalls auf Wachstum - "weg vom Rohr zum Lösungsanbieter". Das niederländische Unternehmen bietet Web- und Cloud-Lösungen an und spezialisiert sich dabei auf die Anwendung im Bereich Smart Cities und Wassermanagement. "Das heißt, das Unternehmen entwickelt sich kontinuierlich weiter, auch in Krisenzeiten", fasste Scheuch die Konzernstrategie zusammen.

Parallel zu den Zukäufen trennte sich Wienerberger von ihren Schweizer Aktivitäten, "weil sie zu klein sind", so der Konzernchef mit Blick auf die "Umschichtung von eher rückläufigen Märkten zu Wachstumsmärkten".

Dabei verwies der CEO weiters auf Produktinnovationen wie etwa Photovoltaik-Dachziegel und vorgefertigte Zisternen für den Rohrbereich. Beim bereinigten Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) will der Konzern bereits heuer wieder auf "ein Vorkrisenniveau" kommen.

"Die Wienerberger zeigt ihre Stärke mit neuen Produkten - durch organisches Wachstum, durch Innovation und Mergers & Acquisitions werden wir in den nächsten Jahren stärker als der Markt wachsen, bei einem klaren 'Commitment' zu 'ESG' (Nachhaltigkeit, Anm.)", so der Plan. Der CO2-Ausstoß soll bis 2023 um 15 Prozent gesenkt werden. "Und wir 'committen' uns für unsere neuen Produkte schon heute zu 100 Prozent Kreislaufwirtschaft, an den rund 200 Standorten, die wir betreiben", sagte Scheuch. Wienerberger werde an jedem Standort einen Biodiversitätsplan haben.

Für das Geschäftsjahr 2021 hat sich das Management zum Ziel gesetzt, das bereinigte EBITDA "unabhängig von den durch Covid-19-bedingten und nach wie vor bestehenden Herausforderungen auf 600 bis 620 Mio. Euro zu steigern und damit auf ein Vorkrisenniveau zurückzukehren". Im abgelaufenen Jahr betrug es 565,6 Mio. Euro (minus 5 Prozent). Nicht bereinigt lag das EBITDA bei 610 Mio. Euro (minus 9 Prozent). Nun sei im EBITDA-Bereich ein Wachstum von 7 bis 11 Prozent geplant. Das erste Quartal 2021 werde "stärker vom Winter geprägt sein als voriges Jahr - wir hatten in den ersten Wochen einen durchaus strengen Winter, der Geschäftsverlauf wird etwas unter dem Vorjahr sein", erwartet der CEO.

Im gesamten abgelaufenen Geschäftsjahr 2020 erzielte Wienerberger einen Gewinn vor Zinsen und Steuern (EBIT) von 192,5 Mio. Euro - das waren um 47 Prozent weniger als 2019 (362,7 Mio. Euro). Der Gewinn vor Steuern (EBT) halbierte sich im Jahresabstand von 315,3 auf 148,7 Mio. Euro. Das Ergebnis pro Aktie (EPS) ging von 2,18 auf 0,79 Euro massiv nach unten. Der Konzern will dennoch eine unverändert hohe Dividende von 60 Cent pro Anteilsschein auszahlen. Das Nettoergebnis war von nicht liquiditätswirksamen Wertberichtigungen im ersten Quartal 2020 beeinträchtigt.

Per Jahresende verfügte Wienerberger über liquide Mittel von 666 Mio. Euro (2019: 129 Mio. Euro). Die Finanzstruktur sei durch den Rückkauf der Hybridanleihe für rund 215 Mio. Euro (Rückführung am 9. Februar 2021) sowie die Emission des ersten Green Bonds weiter verbessert worden. Die Hybridanleihe sei zuvor in der Bilanz als Eigenkapital geführt worden und daher nicht Teil der bisher berichteten Nettoverschuldung gewesen. Trotz dieser Maßnahmen, sowie Ausschüttung der Dividende (70 Mio. Euro) und Aktienrückkaufs (20 Mio. Euro), sei die Nettoverschuldung (vor Hybrid) auf 657 Mio. Euro gesunken. "Über 300 Mio. Euro sind an Investoren zurückgeflossen, und das im Krisenjahr", rechnete Scheuch zusammen.

Wienerberger ist als Ziegelproduzent (Porotherm, Terca) laut Eigenangaben auch Marktführer bei Tondachziegeln (Koramic, Tondach) in Europa sowie bei Betonflächenbefestigungen (Semmelrock) in Osteuropa. Bei Rohrsystemen (Steinzeugrohre der Marke Steinzeug-Keramo und Kunststoffrohre der Marke Pipelife) zählt sich das Unternehmen zu den führenden Anbietern in Europa.