Die Bahindustrie brummt trotz Rezession © APA - Austria Presse Agentur

Die österreichische Bahnwirtschaft brummt trotz der andauernden Industriezession. "Die heimische Bahnindustrie ist die stille Heldin der österreichischen Volkswirtschaft", sagte AK-Präsidentin Renate Anderl am Mittwoch bei einer Pressekonferenz gemeinsam mit der Gewerkschaft. AK und PRO-GE fordern von der neuen Regierung ein Bahnwirtschaft-Maßnahmenpaket, etwa durch "local content"-Auflagen bei der öffentlichen Beschaffung.

Laut Zahlen des Verbands der Bahnindustrie liegt Österreich beim Export von Schienenfahrzeugen und zugehöriger Ausstattung weltweit auf Platz 4, hinter Deutschland, China und den USA. Unternehmen mit Sitz in Österreich haben zuletzt Schienenfahrzeuge für Berlin, U-Bahnen für London und Straßenbahnen für die australische Gold Coast Region produziert. Nach Verbandsangaben sind rund 15.000 Beschäftigte direkt in der heimischen Bahnindustrie tätig, wobei fast jeder Arbeitsplatz einen weiteren Job in Österreich sichert.

"Gesamtstrategie" für Bahnindustrie gefordert

"Österreich könnte die Bahnfabrik Europas werden, mit starken Impulsen für die regionale Wertschöpfung und für die Schaffung von Arbeitsplätzen", sagte PRO-GE-Chef Reinhold Binder bei der Pressekonferenz. Dafür sei "eine Gesamtstrategie notwendig", inklusive Fokus auf Aus- und Weiterbildung. Binder erwartet "sehr viel" von der angekündigten Industriestrategie der neuen ÖVP/SPÖ/NEOS-Regierung. Die Strategie soll bis Jahresende ausgearbeitet werden.

Die Arbeiterkammer fordert auch eine Ausnahme von den europäischen Fiskalregeln für den Ausbau des öffentlichen Verkehrs. Laut Maastricht-Kriterien darf das jährliche öffentliche Budgetdefizit nicht mehr als 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) und der staatliche Schuldenstand nicht mehr als 60 Prozent des BIP betragen. Die Gewerkschaft und die Arbeiterkammer warnten vor Kürzungen beim ÖBB-Zielnetz 2040 und bei den Rahmenplänen der Staatsbahn. Dies würde die Bahnindustrie gefährden. Weiters drängen die Arbeitnehmervertreter auf eine Innovationsstrategie und Ausbildungsoffensive für die Bahnindustrie. Denkbar seien auch Instrumente zur öffentlichen Beteiligung an Industrieunternehmen, um die industrielle Basis zu erhalten oder Schlüsselindustrien für die Mobilitätswende zu entwickeln.

Weltmarktführer im Bahnbereich aus Österreich

Mit Förderung der AK Wien und AK Oberösterreich hat die Johannes Kepler Universität Linz (JKU) eine Studie zur österreichischen Bahnindustrie verfasst. Der Bericht widmet sich den Produktionsbedingungen der heimischen Bahnindustrie und industriellen Potenziale durch den Ausbau des öffentlichen Verkehrs. Die Bahnindustrie sei aufgrund ihrer Berufsstruktur eine der besten Ersatzbranchen für Beschäftigte der kriselnden Kfz-Zulieferindustrie, geht aus der Studie hervor. Zahlreiche heimische Unternehmen seien weltweit führend bei Gleisbaumaschinen, elektromechanischen Antrieben und Sensortechnik, sagte Studien-Ko-Autorin Julia Eder. Österreich belege im Eisenbahnbereich den ersten Platz bei Patenten pro Kopf und führe bei EU-weiten Investitionen in Forschung und Entwicklung.

"Wir bekennen uns zum Ausbau der Bahn und zur nachhaltigen Mobilitätswende", so SPÖ-Umweltsprecherin Julia Herr in einer Aussendung. SPÖ-Verkehrssprecher Wolfgang Moitzi verwies auf neue Schwerpunktsetzungen der Regierung: "Wir werden das Automotive-Cluster zum Mobilitätscluster weiterentwickeln und so Arbeitsplätze nachhaltig absichern und zusätzliche schaffen." Mit der geplanten Industriestrategie wolle man die Zusammenarbeit von Verwaltung, Forschung und Wirtschaft fördern.