Offen für neue Wege

NEW BUSINESS Guides - BILDUNGS- & KARRIERE-GUIDE 2023
Nahed Hatahet ist Digital- und Transformationsexperte, CEO bei HATAHET, Keynote-Speaker, Berater und Mentor sowie Vizepräsident des VÖSI – Verband Österreichischer Software Innovationen. © imh/Interfoto

Werden durch künstliche Intelligenz manche Berufsbilder verschwinden? Selbstverständlich, sagt Nahed Hatahet.

Jobs würden sich verändern. Daran müssten sich die Menschen und nicht zuletzt auch das Bildungs- und Weiterbildungssystem anpassen.

Nahed Hatahet beschäftigt sich schon lange mit Zukunftstechnologien und deren Einfluss auf die Gesellschaft. Im Interview mit NEW BUSINESS spricht der Digital- und Transformationsexperte über die Auswirkungen des Einsatzes von künstlicher Intelligenz auf den Arbeitsmarkt, auf Berufsbilder und den Menschen.

Angesichts der raschen Entwicklung von KI besteht häufig die Sorge, dass diese Technologien zu Jobverlusten führen könnteN. Wie schätzen Sie als DigitalExperte die Auswirkungen von KI auf Arbeitsplätze ein?
­Selbstverständlich werden Jobs verloren gehen, wie das bei jeder neuen Technologie immer schon war – Maschinen übernehmen Arbeiten von Menschen. Waren es früher vermehrt physische Maschinen, handelt es sich heute in der Digitalisierung um Softwareprogramme, Daten und Algorithmen.

Die einzige neue Herausforderung ist, dass diese digitalen Maschinen und Technologien sich wesentlich schneller weiterentwickeln, als das früher der Fall war. Im Zeitalter des digitalen Wandels werden wir Menschen uns darauf einstellen müssen, dass sich unsere Jobs nicht zuletzt durch moderne Technologien wie KI im Laufe unseres Berufslebens einfach noch stärker verändern werden, als das bisher der Fall war.

Heißt das konkret, der Mensch wird in all diesen Branchen einfach überflüssig werden, in denen KI-Dienste eingesetzt werden können?
 Ja und nein. Selbstverständlich werden wir Dienste wie ChatGPT direkt oder indirekt nutzen, um uns zum Beispiel einen schönen Text zu einem Thema schreiben zu lassen. Das wird enorm viel Zeit beim Erstellen von Texten und bei der Recherche einsparen.

Wir dürfen dabei aber nicht vergessen, dass Menschen ChatGPT richtig „füttern“ müssen – das nennt man „prompten“ –, um ein gutes Ergebnis zu bekommen. Jeder von uns sollte diese Texte auch inhaltlich prüfen und am besten optimieren.

Der Mensch wird ChatGPT nutzen, um schneller und effizienter Texte zu erstellen. Insofern werden die Menschen, die von Texten gelebt haben, weniger texten müssen und mehr am „Feinschliff“ des Ergebnisses arbeiten – sie werden den Kunden schneller mehr Texte liefern können und werden lernen müssen, wie man gut „promptet“. Es verlagert sich in diesem Beispiel einfach.

Sicherlich wird es aber auch Berufe geben, die tatsächlich verschwinden werden, ein Beispiel dafür ist Simultan­übersetzung. Ich gehe davon aus, dass es solche Berufe dann nicht mehr geben wird – so wie es in der Wiener Straßenbahn nun mal auch keinen Schaffner mehr gibt.

Um den Herausforderungen der sich wandelnden Arbeitswelt gerecht zu werden, wird berufliche und schulische Weiterbildung immer wichtiger. Welche Maßnahmen sind notwendig, um die Menschen auf die zukünftigen Anforderungen vorzubereiten?
Wir brauchen ein Bildungs- und Weiterbildungssystem, das es uns Menschen ermöglicht, uns laufend anzupassen. Es ist nicht neu, dass wir am besten lebenslang lernen sollten. Wir müssen alles daransetzen, dass der verkrustete und veraltete Bildungs- und Ausbildungsapparat dahingehend modernisiert wird. Vor allem braucht es auch Aufklärung, Stichwort „Deep­fake“ – unsere Gesellschaft wird lernen müssen, dass wir nicht alles aus den sozialen Medien glauben dürfen, auch wenn es noch so realistisch wirkt.

Das Bildungssystem müsste außerdem die Aufgabe der Aufklärung bei Kindern und Jugendlichen viel stärker verankern und auch auf die Gesundheit setzen. Viele Kinder leiden bereits heute an Angststörungen und Depressionen – verursacht durch soziale Medien, in denen Menschen bereits heute optimierter und perfekter dargestellt werden, als dies wirklich der Fall ist. In all diesen Bereichen haben wir wahrhaftig noch sehr viel zu tun – im Sinne einer besseren Welt für unsere Kinder und die nächsten Generationen und damit für die Menschheit.

Nach über 15 erfolgreichen Jahren seit der Gründung ihres Unternehmens HATAHET productivity solutions – wie schaffen Sie es, sich und Ihre Mit­arbeiter:innen kontinuierlich zu transformieren? Welche bewährten Tipps und Strategien haben Sie, um sich angesichts wandelnder Märkte und Technologien immer wieder neu zu erfinden und erfolgreich zu bleiben?
Wir leben seit der Geburt des Unternehmens den digitalen Wandel. Wir verändern uns laufend, schließlich sind wir ja ein Transformationsberater für den Arbeitsplatz der Zukunft mit künstlich intelligenter Unterstützung und Bots. Bei HATAHET ist Veränderung in unserer DNA verankert. Genauso leben wir eine notwendige und agile Fehlerkultur.

Ein gutes Beispiel ist das Thema Homeoffice. Wir haben alle Mitarbeiter:innen gefragt, ob wir überhaupt noch ein Büro benötigen, und haben uns im Team entschieden, unser Büro aufzugeben, ganz nach dem Motto: Wir probieren das jetzt gemeinsam aus, und wenn es nicht funktioniert, dann nehmen wir uns einfach wieder ein Büro. Heute leben wir eine No-Office-Strategie, und es funktioniert einwandfrei. Und falls das Team irgendwann doch wieder ein physisches Büro haben will, dann werden wir auch wieder eines haben.

Mein persönlicher Tipp: einfach Dinge ausprobieren und auch mal Fehler machen. Aus denen kann man nämlich lernen und für die Zukunft daraus profitieren. Wir als HATAHET leben die Veränderung, und wir alle sind offen für neue Wege – eine der wertvollsten Erkenntnisse meines Unternehmens, vor allem in Zeiten des laufenden digitalen Wandels. (RNF)