Thaler und Gerber verlangen Reformen © APA - Austria Presse Agentur
Nach der vernichtenden Kritik von Industriellenvereinigung-Präsident Georg Knill an der Wirtschaftspolitik der vergangenen Jahre und der Einmahnung von Strukturreformen kommt Schützenhilfe vom Tiroler ÖVP-Wirtschaftsflügel. Sie stimme Knill "eins zu eins zu", erklärte Wirtschaftskammerpräsidentin Barbara Thaler am Donnerstag bei einer Pressekonferenz. Sie forderte eine Senkung der Energiebesteuerung für Unternehmen sowie eine "sehr moderate" Lohnrunde im Herbst.
"Wir müssen die Energiebesteuerung runterkriegen", sagte Thaler im Rahmen der Präsentation des Tiroler Konjunkturbarometers. Die jetzige würde nämlich immer noch einen Wettbewerbsnachteil für Unternehmen bzw. die Industrie, vor allem mit Blick auf die Nachbarländer, darstellen. Man habe hierzulande eine Energieabgabe von 15 Euro pro Megawattstunde Strom, die Nachbarländer würden hingegen "in Richtung 0,5 Euro gehen." Dies sei ein eklatanter Wettbewerbsnachteil für die heimischen Industriebetriebe und müsse korrigiert werden: "Das darf man nicht übersehen."
Für sehr moderaten Lohnabschluss
Darüber hinaus appellierte die schwarze Kammerchefin an die Sozialpartner, bei den Kollektivvertragsverhandlungen im Herbst angesichts hoher Lohnstückkosten und Lohnnebenkosten Zurückhaltung bei den Löhnen zu üben. Man müsse dies "sehr moderat hinkriegen", mahnte Thaler bezogen auf Gehaltsabschlüsse ein.
Die derzeitige "Investitionszurückhaltung" der Unternehmen hänge mit der geringen Planungssicherheit sowie Belastungen und damit Wettbewerbsnachteilen wie einer zu hohen Energiebesteuerung zusammen. "Da hat der Herr Knill schon recht", ließ Thaler wissen. Der IV-Präsident hatte am vergangenen Wochenende unter anderem eine "schlechte, falsche Wirtschaftspolitik" der vergangenen Jahre kritisiert. Rasch seien strukturelle Maßnahmen nötig, um die "galoppierende Deindustrialisierung" zu stoppen. Es gehe um "Planungssicherheit, Vertrauen und Zuversicht" für die Wirtschaft. Wenn 32 Prozent der befragten Tiroler Industriebetriebe laut Konjunkturbarometer sagen würden, dass die wirtschaftliche Lage schlecht sei, dann sei dies ein "Alarmzeichen" - auch wenn sich die Zahlen verbessert hätten, untermauerte dies Thaler.
"Die Wettbewerbsfähigkeit in der Industrie ist nicht mehr da", pflichtete Tirols Wirtschaftslandesrat Mario Gerber (ÖVP) bei und ortete ebenfalls überbordende Belastungen für die Unternehmen. Die Lohnstückkosten etwa seien um 23 Prozent höher als im EU-Schnitt und um 7,8 Prozent höher als in Deutschland. Ein Großteil davon würden die hohen Lohnabschlüsse ausmachen, die man aber "nicht umsetzen" habe können in "höhere Produktivität oder höheren Konsum." Es seien in der Vergangenheit unter der alten türkis-grünen Regierung Fehler passiert, nun müsse aber die neue Dreierkoalition aus ÖVP, SPÖ und NEOS "anpacken" und "wieder erfolgreich durchstarten."
Konjunkturbarometer mit "Aufwärtstrend"
Unterdessen brachte das "TOP Tirol Konjunkturbarometer" der Wirtschaftskammer, das zweimal im Jahr durchgeführt wird, diesmal durchaus auch positive Ergebnisse. "Der Aufwärtstrend ist erkennbar. Es gibt erste Lichtblicke. Das Klima beginnt sich zu stabilisieren. Das Wellental ist durchschritten", bilanzierte Thaler die Ergebnisse der Umfrage unter 219 Leitbetrieben aus allen Sparten mit 43.000 Beschäftigten.
So habe sich die Stimmungslage in den vergangenen sechs Monaten in allen Branchen gebessert. 24 Prozent würden die wirtschaftliche Lage als "gut" bewerten, 51 Prozent als "durchschnittlich" und 15 Prozent als "schlecht". Zum Vergleich: Im vergangenen Dezember hätten nur 21 Prozent die Lage als gut empfunden, 30 Prozent als schlecht.
"Beim Geschäftsklimaindex haben wir zudem mit 18 Prozent den besten Wert seit Sommer 2022", berichtete die Kammerpräsidentin. Auch jener der Tiroler Industrie habe sich gebessert, sei aber mit minus sechs Prozent noch im negativen Bereich. Auch was die Auftragslage betrifft, könnten sich die Zahlen sehen lassen: 28 Prozent der Betriebe würden von einer guten Auftragslage berichten, 24 Prozent hingegen von einer nicht zufriedenstellenden. Bedenklich sei hingegen, dass 73 Prozent der Befragten keine Steigerung bei den Aufträgen erwarten.
Auch die Wertschöpfung stagniere noch, erklärte Gerber. Der Landesrat versprach eine weitere Offensive in der Wirtschafts- und Standortpolitik des Bundeslandes, Fortschritte bei der Digitalisierung der Verwaltung sowie ein "weg von der Gießkanne" bei der Förderung von Innovations- und Forschungsprojekten.