Die WKO soll sich laut Hinteregger Reform unterziehen © APA - Austria Presse Agentur

Der neue Chef des SPÖ-Wirtschaftsverbandes, Bernd Hinteregger, fordert nach dem Rücktritt von Harald Mahrer als Wirtschaftskammerpräsident "die größte und umfassendste WKO-Reform aller Zeiten". Dazu gehören aus seiner Sicht eine Deckelung der Kammerumlagen und eine Modernisierung des Wahlrechts. Dass sich die Sozialpartnerschaft überlebt haben könnte, glaubt Hinteregger - auch angesichts der aktuellen Turbulenzen - nicht, wie er im Gespräch mit der APA betonte.

Hinteregger will die "rote Wirtschaft", den SWV, wieder zur zweitstärksten Kraft in der Wirtschaftskammer machen. "Wir sind nach der Wahl heuer leider auf Platz drei abgerutscht. Mein Ziel ist, 2030 ganz deutlich und mit klarem Fokus auf unsere Ein-Personen-Unternehmen und KMU wieder auf den zweiten Rang zu kommen." Der SWV habe eine "klare Zielgruppe": 580.000 KMU und 360.000 EPUs. "Wir vertreten nicht die Industrie oder Großbetriebe, sondern den österreichischen Klein- und Mittelstand - viele davon Menschen, die früher angestellt waren und sich selbstständig gemacht haben."

Pflichtmitgliedschaft soll erhalten bleiben

Hinteregger spricht sich für den Beibehalt der Pflichtmitgliedschaft in der Wirtschaftskammer aus: "Das über Jahrzehnte etablierte System hat Österreich gute Dienste erwiesen. Aber jetzt braucht es nichts weniger als die größte Reform, die die Wirtschaftskammer bis jetzt gesehen hat, um für alle Unternehmerinnen und Unternehmer in Österreich einen echten Mehrwert zu bieten und Vertrauen zurückzugewinnen." Dafür müssten nicht nur die Kammerumlagen neu aufgestellt, sondern auch ein großer Teil der Rücklagen für den Wirtschaftsaufschwung verwendet werden.

WKO-Reform nach dem Rücktritt von Mahrer

Mahrers Rücktritt sieht Hinteregger als "Wendepunkt": Ein personeller Wechsel allein werde nicht ausreichen. Die Strukturen der Wirtschaftskammer müssten auf allen Ebenen modernisiert werden - von den Bundes- über die Landes- bis hin zu den Bezirksorganisationen. "Die Wirtschaft verändert sich rasant, und die Kammer muss darauf reagieren", so Hinteregger. "Wir brauchen schlanke, effizient arbeitende Strukturen und eine Interessenvertretung, die EPUs und KMUs spürbar stärkt. Vor allem bei Digitalisierung, Innovation, Bürokratieabbau und Internationalisierung brauchen die Betriebe echte Unterstützung."

Entlastungen und Wahlrechtsreform als zentrale Schritte

Im Wirtschaftsparlament am 27. November will Hinteregger Reformvorschläge vorlegen. Ein Schwerpunkt dabei ist die finanzielle Entlastung kleiner Unternehmen. Vorgeschlagen wird eine Deckelung aller Umlagen auf 49 Euro pro Jahr in den ersten zwei Jahren ab Gründung und anschließend eine dauerhafte Obergrenze von 99 Euro. Zudem drängt der SWV auf eine Modernisierung des Wahlrechts mit digitaler Stimmabgabe, automatischer Wahlkarten-Zusendung und erweiterten Wahltagen. Die Wahlbeteiligung von nur 26,5 Prozent im Jahr 2025 zeige, dass die demokratische Legitimation gefährdet sei.

Unternehmer, Investor und Androsch-Fan

Hinteregger ist im Oktober 2025 Christoph Matznetter als Präsident des Sozialdemokratischen Wirtschaftsverbands Österreich (SWV Österreich) nachgefolgt. Der 50-jährige Kärntner Selfmade-Unternehmer hatte sich einen Namen als Hotelsanierer gemacht. "Mein größter Erfolg war in der Heimat das Thermenhotel Bleibergerhof." Derzeit besitzt er noch vier Tourismusbetriebe, von denen er drei selbst betreibt und eines verpachtet.

Bekannt wurde er auch als Investor in der Start-up-TV-Show "2 Minuten - 2 Millionen", an der er drei Staffeln lang teilnahm. Als politisches Vorbild nennt er Hannes Androsch, "einen Mann der Wirtschaft in der SPÖ".

"Leistung muss sich auch innerhalb der Sozialdemokratie wieder durchsetzen", betonte Hinteregger. Arbeitszeitverkürzungen sieht er kritisch, da diese nie als breit abgestütztes Modell geplant worden seien. Das "Teilzeit-Bashing" wiederum lehne er ab: "Jeder soll es für sich wählen."

Lohnnebenkosten, Großkonzerne und digitale Geschäftsmodelle

Der SWV-Chef spricht sich für eine Senkung der Lohnnebenkosten aus, betont aber, dass dies nicht ohne Gegenfinanzierung möglich sei. "Ich denke dabei an Unternehmen, die in Österreich ein sehr gutes Geschäft machen, aber keine Abgaben zahlen - etwa Amazon oder Meta. Aber auch Influencer, die in Österreich tätig sind, aber in der Schweiz versteuern." Auch bei Plattformunternehmen wie Temu müsse man "genau hinschauen".

Vermögensteuer "kein Thema", Erbschaftssteuer zweckbinden

Eine Vermögensteuer sehe er "sehr kritisch", sagte Hinteregger. Eine solche Besteuerung von Substanz, "auch Reichensteuer genannt, ist für mich kein Thema". Anders sieht er eine Erbschaftssteuer, wobei man sich aber anschauen müsse, wie viel man damit wirklich einnehmen könnte. Außerdem müsse es dabei klare Grenzen geben. "Bei der Übergabe von Großkonzernen hingegen, etwa jenen der Familien Mateschitz oder Swarovski, wäre "was machbar", so Hinteregger. Auch Hans-Peter Haselsteiner sehe das ähnlich, "der ist ja auch der Erbschaftssteuer nicht ganz abgeneigt". Eine solche Erbschaftssteuer könnte man für einen Start-up-Beteiligungsfonds oder Wirtschafts-Beteiligungsfonds zweckbinden.