Im Streit um ein europäisches Lieferkettengesetz starten die EU-Länder am Mittwoch einen neuen Versuch: Das Gesetz steht erneut auf der Agenda der Vertreterinnen und Vertreter der Mitgliedstaaten in Brüssel. Das teilte die belgische EU-Ratspräsidentschaft am Dienstag mit. Bisher blockiert die FDP die deutsche Zustimmung, eine Abstimmung Anfang Februar war deshalb zunächst verschoben worden. Neben Deutschland hat auch Österreich eine Enthaltung angekündigt.

Nachdem bekanntgeworden war, dass sich Deutschland bei der schlussendlich gescheiterten Abstimmung in Brüssel enthalten wird, waren in mehreren Ländern kritische Stimmen lauter geworden. Auch Österreich hatte eine Enthaltung angekündigt, da die geplanten Regeln aus Sicht der ÖVP zu weit gingen und Unternehmen zu sehr belasteten. Die Grünen fordert bisher vergeblich die Zustimmung durch den zuständigen Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP).

SPÖ-Europasprecher Jörg Leichtfried bekräftigte heute in einer Aussendung die Forderung der SPÖ, dass Österreich auf EU-Ebene dem Verhandlungsergebnis zum Lieferkettengesetz zustimmen müsse. "Dies ist wohl die letzte Chance, diesen wichtigen Schritt im Kampf gegen Kinderarbeit, Zwangsarbeit und Umweltverbrechen noch vor den EU-Wahlen im Juni durchzubringen. Ich erwarte mir, dass die Grünen in der Regierung entsprechend Druck auf den Koalitionspartner ÖVP machen", teilte er mit Die geplante Richtlinie solle Unternehmen für Kinderarbeit, Zwangsarbeit und Ausbeutung von Arbeitnehmer:innen sowie Umweltverschmutzung in ihren Lieferketten in die Pflicht nehmen.

In der deutschen Ampel-Regierung waren SPD und Grüne für eine Zustimmung, die FDP dagegen. Nach den Koalitionsregeln muss sich die deutsche Regierung daher enthalten.

Die geplante Richtlinie soll Unternehmen für Kinderarbeit, Ausbeutung und Umweltverschmutzung in ihren Lieferketten in die Pflicht nehmen. In einigen Punkten geht das Gesetz dabei über ein deutsches Gesetz hinaus, das bereits seit dem vergangenen Jahr gilt.

Die Regierung in Berlin hatte sich ursprünglich für eine europäische Regelung eingesetzt. Auf den letzten Metern befand der deutsche Justizminister Marco Buschmann (FDP) das Gesetz jedoch als in der bisherigen Form "unzumutbar für kleine und mittelständische Unternehmen".

Können sich die Ampel-Parteien nicht auf eine Position einigen, muss sich Deutschland bei der finalen Abstimmung der Mitgliedstaaten enthalten, was wie eine Gegenstimme gewertet wird. Anfang Februar hatten auch Italien und mehrere kleine Mitgliedstaaten ihre Enthaltung signalisiert, die nötige Mehrheit käme so nicht zustande.

Mit der Sitzung am Mittwoch startet die belgische Ratspräsidentschaft den womöglich letzten Versuch, das Gesetz noch vor den Europawahlen Anfang Juni zu verabschieden.

(APA)