IV-Chef: Abwanderung ist "Ausdruck struktureller Standortnachteile" © APA - Austria Presse Agentur
Zahlen zur Arbeitskräfte-Abwanderung zeigen für die Industriellenvereinigung (IV) "ein besorgniserregendes Bild". Zwischen 2011 und 2023 seien rund 1,4 Millionen Menschen aus Österreich ausgewandert - davon über 170.000 dauerhaft beschäftigte Fachkräfte, die zuvor bereits im Arbeitsmarkt integriert waren, geht aus einer Studie des Migrationsforschers Rainer Münz im Auftrag der IV hervor. Viele der Abwandernden stammten aus wohlhabenden EU- und OECD-Staaten.
Die Zuwanderung nach Österreich fiel in den vergangenen Jahren aber stärker aus als die Abwanderung. In Summe seien zwischen 2011 und 2023 rund 2,2 Millionen Menschen neu oder wieder ins Land gekommen, hieß es von der IV auf APA-Anfrage mit Hinweis auf den Bericht. "Während hochqualifizierte EU-Zuwanderer das Land überproportional häufig wieder verlassen, verbleiben tendenziell weniger gut integrierte Menschen länger in Österreich", so die Industriellenvereinigung.
IV-Chef: Abwanderung ist Ausdruck "struktureller Standortnachteile"
Gesamtzahlen zur Fachkräfte-Einwanderung nach Österreich wurden in der Studie nicht ausgewiesen. Von den Zugewanderten der Jahre 2017 bis 2019 waren nach vier Jahren aber mehr als die Hälfte wieder abgewandert, geht aus der Analyse hervor. "Das ist kein Problem mangelnder Integrationsbereitschaft, sondern Ausdruck struktureller Standortnachteile: zu hohe Abgaben, zu viel Bürokratie, zu wenig Perspektive," so IV-Präsident Georg Knill in einer Aussendung.
"Um die Trendwende zu schaffen und internationale qualifizierte Arbeitskräfte länger im Land zu halten, müssen wir an den Rahmenbedingungen des Standorts arbeiten", sagte der IV-Chef. Das umfasse eine Senkung der Lohnnebenkosten, eine Beschleunigung und Vereinfachung der Verfahren für die Rot-Weiß-Rot-Karte. "Entscheidend sind aber genauso hochwertige Kinderbetreuungsangebote und eine echte Willkommenskultur", erklärte der Industrievertreter.
Integrationsministerin Claudia Plakolm (ÖVP) verwies in Reaktion auf die IV-Studie auf Änderungen bei der Migrations- und Arbeitsmarktpolitik. "Mit unserer Neuausrichtung wird Erwerbstätigkeit ab Tag 1 ein Kernstück des Integrationsprogramms", so Plakolm in einer Aussendung. Jeder Asylwerber mit hoher Anerkennungswahrscheinlichkeit werde "von Beginn an auf den Arbeitsmarkt vorbereitet". Geplant ist eine stärkere Einbindung des Integrationsfonds-Fachkräfteservice, die Vereinfachung von Anerkennungsverfahren sowie die enge Zusammenarbeit mit dem Wirtschaftsministerium und den Sozialpartnern in einem Expertenforum.