Bis Jahresmitte sehen die Experten eine Stagnation in Deutschland © APA - Austria Presse Agentur

Das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) sowie das Ifo-Institut blicken skeptischer auf die deutsche Konjunktur. Das IfW erwartet praktisch nur noch eine Stagnation der Wirtschaft. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) werde heuer nur um 0,1 Prozent wachsen statt der bisher erwarteten 0,9 Prozent, heißt es in der am Mittwoch veröffentlichten Schätzung. Das Ifo sieht ebenfalls nur magere 0,2 Prozent BIP-Wachstum, nachdem im Jänner ein Plus von 0,7 Prozent erwartet wurde.

"Die deutsche Wirtschaft ist wie gelähmt", hieß es vom Ifo. "Unter Unternehmen und Haushalten ist die Stimmung schlecht und die Unsicherheit hoch." Im laufenden Quartal dürfte die Wirtschaftsleistung um 0,1 Prozent sinken und Deutschland damit in eine vorübergehende Rezession abrutschen. "Die Konsum-Zurückhaltung, die hohen Zinsen und Preissteigerungen, die Sparbeschlüsse der Regierung und die schwache Weltkonjunktur dämpfen derzeit die Konjunktur in Deutschland und führen erneut zu einer Winterrezession", sagte Ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser zur neuen Prognose.

Eine spürbare Erholung lasse noch auf sich warten. "Mit dem allmählichen Wegfall der Belastungen bei Zinsen und Preisen und den Auswirkungen der höheren Kaufkraft für die Verbraucher wird sich die Wirtschaftsleistung zur Jahresmitte beschleunigen." Für 2025 erhöhte das Ifo seine Wachstumsschätzung um 0,2 Punkte auf 1,5 Prozent.

"Die Frühindikatoren signalisieren, dass die Wirtschaftsleistung in der ersten Jahreshälfte kaum mehr als stagnieren wird", sagen auch die IfW-Ökonomen. "Für das kommende Jahr erwarten die Ökonomen wie bisher 1,2 Prozent Wachstum. "Insgesamt gehen wir davon aus, dass das Bruttoinlandsprodukt 2025 nur magere zwei Prozent über dem Niveau aus dem Jahr 2019 liegen wird."

Vor dem Hintergrund der schwachen wirtschaftlichen Dynamik zeigte sich der Arbeitsmarkt recht robust. "Die Beschäftigung dürfte im laufenden Jahr noch einmal etwas zulegen, bevor sie im Zuge des demografischen Wandels auf einen Abwärtstrend einschwenkt", erklärten die IfW-Experten. Der anhaltend hohe Fachkräftemangel werde auch in Reaktion auf die in den vergangenen Jahren hohe Inflation zu deutlich steigenden Löhnen führen.

Da die Verbraucherpreise im Jahresschnitt 2024 nur noch um 2,3 Prozent und im nächsten Jahr um 1,7 Prozent klettern dürften, "werden die real verfügbaren Einkommen im laufenden Jahr erstmals nach drei Jahren wieder steigen und den privaten Konsum stimulieren". Bei den Firmeninvestitionen hingegen mache sich das schwache konjunkturelle Umfeld deutlich bemerkbar.

Die Exporte dürften heuer laut IfW-Schätzung noch einmal spürbar um 1,7 Prozent zurückgehen, bevor sie mit dem sich allmählich wieder belebenden Welthandel auf einen moderaten Expansionskurs einschwenken. Der gestörte Schiffsverkehr im Roten Meer als Folge des Kriegs im Gazastreifen dürfte den deutschen Außenhandel nur kurz beeinträchtigt haben, hieß es.

Mit der aktualisierten Schätzung liegt das Ifo auf dem Niveau der Prognose der deutschen Regierung, das IfW sogar darunter. Der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck hatte die Erwartung jüngst massiv von 1,3 auf 0,2 Prozent Wachstum gesenkt. Ende 2023 war das Bruttoinlandsprodukt bereits um 0,3 Prozent gesunken und dürfe nach Einschätzung vieler Ökonomen auch im laufenden ersten Quartal fallen. Nach einer Faustregel von Fachleuten wäre Deutschland damit in einer technischen, also vorübergehenden Rezession.