Die EU-Kommission lockert eine Umweltauflage für europäische Bauern, obwohl sie dabei keine Mehrheit der EU-Staaten unterstützt. Rückwirkend per 1. Jänner wird die Vorgabe ausgesetzt, vier Prozent des Ackerlandes brachliegen zu lassen oder unproduktiv zu nutzen, wie die Brüsseler-Behörde am Dienstag mitteilte. Durch die Auflage, Flächen etwa brachliegen zu lassen, soll eigentlich die Umwelt geschützt werden.

Voraussetzung, die Ausnahme in Anspruch nehmen zu können, ist den Angaben der Kommission zufolge, dass Bauern im Gegenzug auf vier Prozent ihrer Ackerflächen stickstoffbindende Pflanzen wie Linsen oder Erbsen beziehungsweise Zwischenfrüchte anbauen. In einem ersten Vorschlag war noch von sieben Prozent Ackerfläche für stickstoffbindende Pflanzen die Rede. Wie ein Sprecher der EU-Kommission auf Nachfrage erklärte, habe man diese Vorgabe nach Rücksprache mit EU-Staaten abgesenkt, um Landwirten mehr Flexibilität zu ermöglichen.

Noch am Freitag fehlte eine Mehrheit unter den EU-Staaten für das Vorhaben. Mit den Ausnahmen kommt die EU-Kommission unter der Leitung von Ursula von der Leyen Forderungen protestierender Landwirt entgegen. In mehreren EU-Ländern hatten Bauern - teils gewaltsam - in den vergangenen Wochen ihren Unmut unter anderem gegen Umweltauflagen aus Brüssel kundgetan.

"Statt die Probleme der Landwirtschaft bei der Wurzel zu packen und die Zukunft der Bauern und Bäuerinnen nachhaltig zu sichern, setzt die EU-Kommission auf kurzfristige Scheinlösungen", kritisierte Brigitte Reisenberger, Landwirtschaftssprecherin von GLOBAL 2000 in einer Stellungnahme gegenüber der APA. "Diese Entscheidung, kurz vor der EU-Wahl dient wohl nur der kurzfristigen Beruhigung der Bauern und Bäuerinnen und geht auf Kosten der Gesellschaft und der Umwelt."

Die Brachflächen spielten langfristig nämlich eine entscheidende Rolle für Böden, die Produktivität der Landwirtschaft und die Biodiversität, so Reisenberger. "Sie verbessern die Bodenfruchtbarkeit und bieten notwendige Lebensräume zum Erhalt der Artenvielfalt. Das Einackern der Brachen ist verantwortungslose Politik auf Kosten unser aller Zukunft." Greenpeace meinte, die Entscheidung mache es möglich, dass letzte verbliebene Rückzugsräume vieler Arten in der Agrarlandschaft vergessen werden könnten.

(APA)