Die Tiroler Arbeiterkammer will den landeseigenen Energieversorger Tiwag wegen geplanter Strompreiserhöhungen verklagen. Verhandlungen über geringere Stromtarife - die gestartet worden waren, nachdem ein AK-Gutachten diese als unrechtmäßig bewertet hatte - sind offenbar gescheitert. AK-Präsident Erwin Zangerl sprach am Freitag in einer Aussendung von anstehenden Massenkündigungen. Die Tiwag dementierte dies und veröffentlichte einen neuen Strompreis.

"Es werden keine Kündigungen erfolgen", hielt Tiwag-Vorstandsvorsitzender Erich Entstrasser Freitagnachmittag fest. Für über 220.000 Verträge sollen in den kommenden Wochen neue Lieferbedingungen und Angebote versendet werden. Der künftige Arbeitspreis soll 18,9 Cent/kWh ausmachen, "als Anreiz für einen schnellen Umstieg" soll ein zeitlich befristeter Bonus von zwei Cent/kWh angerechnet werden. "Das entspricht für einen Standardhaushalt rund 60 Euro Entlastung auf der Jahresstromrechnung" so Entstrasser. Im Herbst sollen die Beschaffungskosten erneut "entsprechend dem dann gegebenen Marktumfeld" überprüft werden, hieß es. Eigentlich wäre ab Juni eine Arbeitspreiserhöhung von acht auf 28 Cent geplant gewesen.

Laut Tiwag belaufen sich für einen Standardhaushalt mit einem Jahresverbrauch von 2.900 kWh die Mehrkosten unter Berücksichtigung der Strompreisbremse auf neun Euro pro Monat. Der neue Vertrag stehe nun auch Neu- und Wechselkunden offen. Auch die Innsbrucker Kommunalbetriebe (IKB) werden ihre Preispolitik und Verträge anpassen, hieß es. Das Büro von Tirols Landeshauptmann und Eigentümervertreter Anton Mattle (ÖVP) wollte sich auf APA-Anfrage nicht äußern und verwies auf Entstrasser.

Die Arbeiterkammer sah bei der Tiwag indes "kein Bemühen", "einen für die Tirolerinnen und Tiroler akzeptablen Strompreis anbieten zu wollen. Es geht letztlich nur um die Optimierung der Übergewinne und dafür stehen wir nicht zur Verfügung", meinte Zangerl. Von Transparenz wolle die Tiwag "nichts wissen, obwohl das Stromgutachten der AK Tirol und ein Urteil des Handelsgerichts Wien gegen den Verbund eben diese Transparenz in der Geschäftsgebarung einfordern". Die Kunden der Tiwag und der IKB müssen sich laut dem schwarzen AK-Chef nun auf Kündigungen und Tariferhöhungen einstellen.

"Es ist weiterhin nicht klar, woher der Strom kommt, wie es mit der viel zitierten heimischen erneuerbaren Energie aussieht und welche Kosten bei der Tiwag wirklich dazu führen, dass der Strompreis nach oben angepasst werden muss", kritisierte Zangerl. Es scheine so, als würde alles im "Hinterzimmer vereinbart". Bei einem Unternehmen der öffentlichen Hand erwarte er sich aber einen anderen Umgang. Zangerl will nun auch die "Auskunft zu den tatsächlich zu tragenden Beschaffungskosten - Stichwort Transparenz - und die letzte Preisanpassung zum 1.6.2022 einer gerichtlichen Überprüfung" unterziehen.

"Man muss die Realität akzeptieren: Der Strompreis wird vom Landesenergieversorger angehoben, um zusätzlich von der Strompreisbremse zu profitieren. Das alles wird wiederum die Übergewinne steigern", ging Zangerl hart mit der Tiwag ins Gericht. Der Strompreis würde "ohne wirkliche Notwendigkeit" erhöht, zusätzlich kann sie eine Dividende in Höhe von bis zu 80 Mio. Euro vom Verbund erwarten.

Die Tiwag hat die Strompreise für Haushalts- und Bestandskunden bis dato nicht erhöht und eine Anhebung für Juni 2023 angekündigt. Die bisherige Preisgestaltung war an den Österreichischen Strompreisindex (ÖSPI) gebunden, die Änderungen wurden von der Entwicklung der Großhandelspreise abhängig gemacht. Im AK-Gutachten wurde aber festgehalten, dass die Tiwag sowie andere Anbieter in ihren Klauseln "die Kostenstruktur" - auch betreffend der Eigenproduktion - offenlegen müssen. Dem AK-Gutachten war wiederum ein Urteil des Wiener Handelsgerichts vorausgegangen. Dieses hatte zuletzt die Strompreiserhöhung des teilstaatlichen Verbund-Konzerns für unzulässig erklärt, weil der Verbund selbst viel Strom produziert. Laut dem Urteil in erster Instanz müssen Stromerzeuger die - geringeren - Kosten ihrer Eigenproduktion berücksichtigen. Die Tiwag hatte schließlich angekündigt, die geplante Strompreiserhöhung überprüfen zu wollen. Auch die Tigas - die ab Juli eine Erhöhung plante (von brutto 5,9 auf 15,8 Cent/kWh) - wollte sich dies noch einmal durchrechnen.

(APA)