Vor den Toren der Stadt Salzburg quert die neue 380-kV-Leitung Heuberg und Nockstein © APA - Austria Presse Agentur
Nach fast sechseinhalb Jahren Genehmigungsverfahren und fünf Jahren Bauzeit wird am Donnerstag die 380-kV-Salzburgleitung mit einem Festakt offiziell eröffnet. Die Hochspannungsleitung gilt nicht nur wegen des prognostizierten höheren Stromverbrauchs in den kommenden Jahrzehnten als Schlüsselprojekt für die heimische Strominfrastruktur: Sie soll überschüssigen Wind- und PV-Strom zu den Pumpspeicherkraftwerken in Westösterreich transportieren und dient damit der Energiewende.
"Die Inbetriebnahme ist ein Meilenstein für die sichere und nachhaltige Stromversorgung Österreichs", betonte Projektleiter Herbert Auer von der für das Hochspannungsnetz zuständigen Verbund-Tochter APG (Austrian Power Grid) im Vorfeld. Mit (billigem) Überschussstrom kann Wasser von niedrig gelegenen zu höher gelegenen Stauseen gepumpt werden, das zu Spitzenzeiten oder bei Windflaute wieder bergab durch die Turbinen läuft und (dann teurere) Elektrizität erzeugt. Die alte, 1960 gebaute 220-kV-Leitung im Bundesland war ein Flaschenhals im Übertragungsnetz, der nun beseitigt wurde.
In Vollbetrieb ist die Freileitung bereits seit 9. April. Das Projekt ist der Lückenschluss im 380-kV-Ring in Österreich. Die Leitung führt nun insgesamt 174 Kilometer vom Netzknoten St. Peter am Hart in Oberösterreich bis zum Netzknoten Tauern bei Kaprun. Während der erste, 46 Kilometer lange Abschnitt bis Elixhausen (Flachgau) bereits 2011 öffnete, bisher aber nur mit 220-kV betrieben wurde, dauerte es beim zweiten, 128 Kilometer langen Bauabschnitt von Elixhausen nach Kaprun länger.
Trotz Widerstand: Betreiber lehnte Erdkabel ab
Der Widerstand von Gemeinden, Bürgerinitiativen und selbst der Landespolitik gegen das Projekt war vom Start weg hoch. Man fürchtete eine Beeinträchtigung des Landschaftsbildes durch Masten, Leitungen und Zufahrtswege, mögliche Gesundheitsrisiken für Anrainer durch elektromagnetische Felder oder Störgeräusche in der Nähe der Leitung. Der Protest richtete sich dabei weniger gegen die Leitung selbst, Betroffene hätten sich vielmehr eine abschnittsweise unterirdische Verlegung der Leitung als Erdkabel gewünscht.
Ein Erdkabel lehnte die APG aber wegen der vielfach höheren Baukosten und der aufwendigeren Fehlersuche im Fall eines Schadens stets ab. Medienwirksame Protestaktionen bis hin zu Waldbesetzungen blieben ohne Erfolg. Mit einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts wurde die Baugenehmigung im Jahr 2019 rechtskräftig, im Oktober 2020 sorgte der Verwaltungsgerichtshof für die letzte Bestätigung.
APG investierte rund 1 Milliarde Euro
Zum Festakt in Werfen (Tennengau) haben sich am Donnerstag die Spitzen von Verbund, APG, den Landesenergieversorgern Salzburg AG und Energie AG Oberösterreich angesagt, dazu werden Vertreter der Industriellenvereinigung und der Wirtschaftskammer Salzburg und der scheidende Salzburger Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) vor Ort sein. Viele Bürgermeister von Gemeinden, in denen es Proteste gegen die Leitung gab, werden dem Festakt fernbleiben.
Insgesamt hat die APG laut eigenen Angaben rund 1 Milliarde Euro in die Leitung investiert. Das Geld floss nicht nur in den Neubau von 449 Masten und die Installation der Leitungen. Auch zwei Umspannwerke wurden neu gebaut, vier weitere umgebaut und adaptiert. Sie dienen zukünftig als Knoten zwischen dem Übertragungsnetz der APG und den Verteilnetzen der Landesenergieversorger in Salzburg und Oberösterreich. Zur Salzburgleitung zählt auch ein 220-kV-Abschnitt zwischen dem Umspannwerk Pongau und Wagrain.
Alte Masten werden abgebaut
Im Gegenzug wurden und werden 678 nicht mehr benötigte 220- und 110-kV-Masten samt Leitungen demontiert, der Stahl der Masten sowie das Aluminium der Leitungen recycelt. Damit ist auch die alte Leitungstrasse über das einsame Hagengebirge und den Rand des Hochkönigmassivs Geschichte. Die Stromautobahn wanderte hier hinab ins Salzachtal. Nach Abschluss aller Abbauarbeiten wird es in Salzburg 229 Masten und 65 Leitungskilometer weniger geben.