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NEW BUSINESS 3/2017

COACHING-ZONE Modernes Teamwork am Scheideweg zwischen Ideal und Wirklichkeit: Vertrauen in das Gute versus Abhängigkeit von Trittbrettfahrern. Verantwortung für sich und andere übernehmen. 58 NEW BUSINESS | APRIL 2017 Foto: Beigestellt • Illustration: Claudia Molitoris N eulich sprach ich mit einem Klienten, dessen Motto im Umgang mit seinen Mitarbeiter- Innen lautet: „Hauptsache, meinen Leuten geht’s gut, dann geht’s auch mir gut.“ Einen solchen Führungstypus bezeichnet man als „karitativ“ und ich versuche, meine Klienten von einer vorsichtigen und situationsadäquat dosierten Anwendung zu überzeugen. So wie man im Flugzeug lernt, zuerst die eigene Sauerstoffmaske aufzusetzen, bevor man anderen hilft. In den letzten zwölf Jahren ist mir eine sehr große Zahl sehr unterschiedlicher Persönlichkeiten begegnet und diese manchmal atemberaubende Bandbreite hat meine Sicht auf den Menschen beein usst. Nach wie vor glaube ich inbrünstig, dass jeder Mensch mit einer „Grundausstattung“ von (mehrheitlich) guten Anlagen die Welt betritt. Und dann durch eine Vielzahl von äußeren Ein üssen zu dem wird, was er ist. Ich bin davon überzeugt, dass niemand aufhören sollte, an sich zu arbeiten, weil nichts für immer x ist oder sein muss. Zugleich musste ich mich aber zu der Erkenntnis durchringen, dass es Menschen gibt, die diese Arbeit an sich selbst einfach nicht verrichten wollen. Die lieber im zeitweilig für sich und die Umwelt belastenden Modus bleiben. Oder die – auch das gibt es – lieber anderen den Rucksack umhängen und zuschauen, wie diese mangels Unterstützung scheitern. Mein Sample ist tatsächlich groß genug, um mich zu dieser realistischen Diagnose zu bringen. Wenn nun Managementmethoden propagiert werden, die davon ausgehen, dass alle Mitglieder eines Teams in selbstverständlicher Verantwortung tun, was dem gemeinsamen Ziel nützt, beschleicht mich substanzielle Sorge. Ich zwei e einfach daran, dass es diesen dem Guten, Sinnvollen und Nützlichen verschriebenen Menschen immer und überall gibt. Und ich beobachte, dass es manchmal am operativ xierten Fokus des Managements liegt, bereits existierende, durchaus funktionstüchtige Methoden des Führens nicht anzuwenden. Wenn „Verantwortung“ ein zentraler Wert sein soll, dann plädiere ich ehrlich dafür, zu akzeptieren, dass es Menschen gibt, die diese Verantwortung für sich und andere eben nicht übernehmen wollen oder können. Das ist absolut keine Wertung, sondern „stating the obvious“. Und es ist mir ein bisschen unheimlich, wenn sich ein Unternehmen auf Methoden und Prozesse verlassen möchte, die substanziell auf dem durchgehenden Vorhandensein von selbstbestimmt-zuverlässigen Teamspielern aufgebaut sind. www.drsonnberger.com DR. HANNES SONNBERGER, DR. SONNBERGER BUSINESS COACHING Hannes Sonnberger war viele Jahre in führenden Positionen in Werbeagenturen tätig. Seit 2005 arbeitet er als zertifi zierter Business-Coach mit den Schwerpunkten Führung, Konfl iktmanagement, Burnout-Prophylaxe und Teamarbeit. Aktuell erschienen: sein neues Sachbuch „Tool Box“.


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