Viele Unternehmen sind nach dem Angriff Russlands geblieben © APA - Austria Presse Agentur

Trotz Sanktionen und großem politischen Druck ist die Mehrzahl der ausländischen Firmen weiter in Russland tätig. Das ist der Befund einer Studie des Wiener Instituts für internationale Wirtschaftsvergleiche (wiiw), die am Donnerstag veröffentlicht wurde. Demnach kehrten seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine im Jahr 2022 nur 9,5 Prozent der ausländischen Unternehmen dem Land den Rücken, wobei etwa ein weiteres Drittel aller Firmen ihre dortigen Aktivitäten einschränkte.

Etwa 60 Prozent aller nicht-russischen Firmen, die bereits im Jahr 2021 in Russland tätig waren, würden also (vorerst) keine Pläne für einen Rückzug verfolgen, schlussfolgert das Institut in der Studie. Zu beachten sei allerdings, dass die rund 10 Prozent der Firmen, die Russland verlassen haben, für etwa 30 Prozent aller von ausländischen Unternehmen vor dem Krieg in dem Land generierten Umsätzen verantwortlich zeichneten. Sprich: Der Exodus an Kapital sei größer als die absolute Zahl der aus Russland emigrierten Unternehmen suggeriere.

Für jene Unternehmen, die nicht gegangen sind, dürfte sich der Verbleib wirtschaftlich gerechnet haben. So erhöhten sich deren Umsätze 2022 im Vergleich zum Vorjahr um 6,7 Prozent, was insbesondere auf einen schwächeren Wettbewerb und eine Ausweitung der Marktanteile zurückgeführt wird. Außerdem hätten manche Unternehmen davon profitiert, nicht Ziel von westlichen Sanktionen geworden zu sein. Dies treffe etwa auf die russische Tochter der Raiffeisen Bank International (RBI) zu, die nicht vom globalen SWIFT-System abgeschnitten worden sei.

Wie in der Studie weiter festhalten wird, ist der "Exit" seit 2022 zunehmend mit Hürden verbunden, vor allem regulatorischer Natur. Beispielsweise sprach der Kreml im August 2022 ein Verbot für den Ausstieg von Investoren aus der als "strategisch" geltenden Finanzbranche und dem Energiesektor aus, sofern es dafür keine explizite Zustimmung vom russischen Präsidenten gibt. Dies sei einer der Gründe dafür, dass sich der Rückzug ausländischen Kapitals im Laufe der Zeit deutlich verlangsamt habe.

Die weiterhin in Russland tätigen Firmen sieht das wiiw in der Zwickmühle. Denn einerseits machten die behördlichen Vorgaben sowie ein nicht zu vernachlässigendes Risiko der Verstaatlichung den Ausstieg zu einem "schwierigen, kostspieligen und potenziell riskanten Schritt". Andererseits sei die Entscheidung, zu bleiben, mit speziellen wirtschaftlichen Risiken und "einem enormen Reputationsschaden" zuhause verbunden, lautet das Resümee des Berichts.

Die Studie entstand im Auftrag des deutschen Wirtschaftsministeriums. Sie wurde in Kooperation mit dem Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (Wifo), dem Kieler Institut für Weltwirtschaft und dem ifo Institut in Leipzig angefertigt.