Zinshäuser in Wien stehen bei Investoren wieder hoch im Kurs © APA - Austria Presse Agentur

Die für das Wiener Stadtbild typischen Altbauten aus der Gründerzeit sind bei Anlegern wieder sehr gefragt. Der Markt hat sich heuer - nach einem schwierigen Coronajahr 2020 - kräftig erholt, geht aus dem aktuellen Zinshaus-Marktbericht von Otto-Immobilien hervor. In der ersten Jahreshälfte lag das Transaktionsvolumen heuer demnach sogar "deutlich über dem langjährigen Durchschnitt der Jahre 2012 bis 2020 - und zwar um immerhin rund 50 Prozent".

"Im ersten Halbjahr 2021 wurde nach unseren Erhebungen ein Transaktionsvolumen von 677 Mio. Euro verzeichnet - dies entspricht einem Anstieg von 83 Prozent gegenüber dem Vorjahr", so der Leiter des Bereichs Investment bei dem Immo-Unternehmen, Christoph Lukaschek. Es sei somit klar, dass sich der Markt wieder von den Einschränkungen aufgrund der Coronakrise erhole und annähernd auf Vorkrisenniveau befinde.

Auch die Zahl der Verkäufe legte um rund 62 Prozent deutlich zu. Die deutliche Belebung zog sich quer durch alle Wiener Gemeindebezirke - mit Ausnahme von Wieden (4. Bezirk), Josefstadt (8. Bezirk) und Simmering (11. Bezirk). "Die meisten Häuser wurden mit Stichtag 14. August 2021 im 6. (Mariahilf, Anm.) und 20. Bezirk (Brigittenau, Anm.) verkauft", berichtete der Leiter des Bereichs Immobilien Research bei Otto Immobilien, Martin Denner.

Doch generell haben sich vor allem die Deals in den Bezirken außerhalb des Gürtels deutlich belebt - in Summe spielten sich dort heuer 68 Prozent der Verkäufe ab, die etwa die Hälfte (51 Prozent) des gesamten Transaktionsvolumens in Wien ausmachten. Die Bezirke innerhalb des Gürtels hätten sich mit knapp 49 Prozent des Transaktionsvolumens "so schwach wie schon lange nicht mehr" präsentiert, in der Vorjahresperiode habe dieser Wert noch 55 Prozent betragen.

Die Preise für Gründerzeit-Häuser seien heuer vor allem in den Regionen innerhalb des Gürtels zwischen 2 Prozent und 9 Prozent weiter gestiegen. In einzelnen Bezirken hätten "die Mindestpreise spürbar angezogen", blieben jedoch - nach den starken Preissprüngen der vergangenen Jahre - vor allem außerhalb des Gürtels "eher auf einem stabilen Niveau".

Besonders massiv erhöht hat sich der Mindestpreis mit einem Plus von 20 Prozent gegenüber dem Vorjahr im 21. Bezirk (Floridsdorf), aber auch im 10. Bezirk (Favoriten) mit einem Anstieg von 16 Prozent. In den - bereits recht hochpreisigen - Bezirken 1. (Innere Stadt), 2. (Leopoldstadt) und 3. (Landstraße) gab es bei den Mindestpreisen dem Marktbericht zufolge noch einmal eine Verteuerung zwischen 10 und 15 Prozent.

Die Maximalpreise wiederum blieben "auf hohem Niveau stabil" bzw. "nur leicht steigend". Es gab aber auch Ausreißer nach oben - "auffallend" sei die Steigerung mit einem Plus von 14 Prozent in den Bezirken 12. (Meidling) und 21. (Floridsdorf) gewesen. "Die niedrigsten Einstiegspreise sind zwar weiterhin in den Bezirken außerhalb des Gürtels zu finden, aber mittlerweile wird kein Wiener Gründerzeit-Zinshaus in einem durchschnittlichen Zustand unter 1.800 Euro pro Quadratmeter verkauft", erklärte der Leiter des Bereichs Otto-Wohnimmobilien Richard Buxbaum.

Zinshäuser bis 5 Mio. Euro stellten heuer 75 Prozent der Transaktionen, im Vorjahr waren es noch 86 Prozent gewesen. Um 14 Prozent deutlich zugenommen hat dafür der Anteil der Verkäufe mit höheren Volumina - über 7,5 Mio. Euro. Transaktionen über 10 Mio. Euro machten einen Anteil von 29 Prozent des Gesamtverkaufsvolumens aus. Die Maximalrenditen seien zuletzt "in fast allen Bezirken stabil geblieben".

"Bei den Käufern dominieren klar die Unternehmen, aber auch auf der Verkäuferseite werden sie immer stärker", teilte Buxbaum mit. Demnach gingen sowohl knapp 64 Prozent aller Käufe, als auch 52 Prozent aller Verkäufe von Unternehmen aus. Bei den Verkäufen wurden rund 56 Prozent des Transaktionsvolumens von Firmen erzielt, 43 Prozent waren Privatpersonen zuzuschreiben. Die Gruppe der Sonstigen, etwa Privatstiftungen, setzte bei den Verkäufen nur 1 Prozent des Transaktionsvolumens um.

"Wenn man sich die Zinshaustransaktionen des letzten Jahres ansieht, sticht ein Sachverhalt ins Auge: Ein hoher Anteil der verkauften Häuser weist ein Ausbaupotenzial im Dachgeschoß auf", betonte Lukaschek. Hierbei falle zuerst der relativ hohe Quadratmeterpreis, also der Preis im Verhältnis zur aktuellen Größe des Hauses auf. "Das ist dadurch gerechtfertigt, dass zusätzlich zum Bestand das Potenzial zur Schaffung weiteren Wohnraums erworben wird, was prinzipiell dem Grundstückspreis bzw. dem Grundkostenanteil bei Neubauwohnungen entspricht", erklärte der Marktexperte. "Wir gehen davon aus, dass in den nächsten Jahren aufgrund des Mangels an Grundstücken das Interesse an Zinshäusern mit Ausbaupotenzial weiterhin sehr hoch sein wird."

Die Zahl der Zinshäuser sinkt allerdings: Während das Expertenteam von Otto-Immobilien im Herbst 2009 noch 15.529 Gründerzeit-Zinshäuser in Wien identifizierte, waren es mit Stichtag 14. August 2021 nur noch rund 13.782. Dies entspreche einem Rückgang des Bestandes seit 2009 um etwas mehr als 11 Prozent. "Hauptgrund für diese Entwicklung sind die Begründung von Wohnungseigentum, aber auch Nutzungsänderungen", erläuterte Denner. Abrisse von Gründerzeit-Zinshäusern seien hingegen "eher selten".

Als Quellen für den Wiener Zinshaus-Marktbericht nannte Otto Immobilien neben eigenen Recherchen die Eintragungen im öffentlichen Grundbuch, den Kaufvertragsspiegel von IMMOunited, den Kulturgüter-Kataster der Stadt Wien sowie Daten der Statistik Austria und Daten des Firmenbuches.